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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 11 B 2104/08
Rechtsgebiete: AufenthG, Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei (ARB)
Vorschriften:
AufenthG § 81 Abs. 4 | |
Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei (ARB) |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Aufenthaltserlaubnis
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 11. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Zysk, Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich, Richter am Hess. VGH Debus
am 15. Oktober 2008 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 05. September 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Aufgrund des Beschwerdevorbringens, auf dessen Überprüfung der erkennende Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), besteht kein Anlass, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 16. November 2007 anzuordnen.
Mit der Beschwerdebegründung wird allein die Auffassung des Verwaltungsgerichts angegriffen, der Antragsteller habe aufgrund seiner Beschäftigung bei der Fa. M. seit dem 2. Oktober 2006 kein eigenständiges Aufenthaltsrecht aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Das Verwaltungsgericht erstreckt den Zeitraum einer möglichen "ordnungsgemäßen Beschäftigung" bis zum Ablauf der dem Antragsteller erteilten Aufenthaltserlaubnis am 16. März 2007. Die folgenden Zeiten des durch den rechtzeitigen Verlängerungsantrag ausgelösten fingierten Aufenthaltsrechts aus § 81 Abs. 4 AufenthG bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Verlängerungsantrags sieht das Verwaltungsgericht nicht mehr als ordnungsgemäße, weil nicht durch einen gesicherten Aufenthaltsstatus abgedeckte Beschäftigung an. Die aus § 81 Abs. 4 AufenthG folgende vorläufige Fortgeltung des Aufenthaltstitels begründe gerade kein unbestrittenes Aufenthaltsrecht, sondern sei lediglich eine vorläufige verfahrensrechtliche Fiktion, deren Fortgeltung gerade nicht gesichert sei. Ein gesichertes Aufenthaltsrecht entstehe erst nach abschließender Prüfung und positiver Entscheidung über den gestellten Verlängerungsantrag, weil die fingierte Fortgeltung des Aufenthaltstitels nicht mit der notwendigen gesicherten Erwartung verbunden sei, dass das zunächst als fortbestehend angesehene Aufenthaltsrecht auch tatsächlich weiterhin besteht.
Die gegen diese Begründung vorgebrachten Argumente des Antragstellers überzeugen nicht. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (neuestens etwa Urteil vom 24. Januar 2008 - C-294/06 - "Payir") verlangt für eine ordnungsgemäße Beschäftigung im Sinne des Art. 6 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedsstaats und damit auch ein nicht bestrittenes Aufenthaltsrecht (EuGH, a.a.O., Rdnr. 30). Ein solcher unbestrittener Aufenthaltsstatus liegt gerade auch dann nicht vor, wenn der bisherige Aufenthaltstitel gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG lediglich bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt und der Verlängerungsantrag dann abgelehnt wird. Das ist nach Auffassung des Senats so eindeutig aus der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs herzuleiten, dass eine Vorlage dieser Frage an den EuGH fernliegend erschiene. Entgegen der Auffassung des Antragstellers macht es keinen Unterschied, ob es um den Zeitraum bis zur behördlichen Entscheidung oder um den Zeitraum eines Klageverfahrens geht, währenddessen die Vollziehung der Ausreiseverpflichtung ausgesetzt ist. Auch während des Verfahrens der behördlichen Prüfung des Verlängerungsantrags hat der Ausländer kein unbestrittenes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, weil die Frage des Fortbestehens eines Aufenthaltsrechts gerade erst geklärt werden soll (siehe so bereits den Beschluss des Senats vom 26. Juli 2007 zu Art. 7 ARB 1/80 - 11 TG 1414/07 -).
Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass der Gesetzgeber mit § 81 Abs. 4 AufenthG ein "neues Rechtsinstitut" (siehe Hailbronner, Ausländerrecht, § 81 AufenthG, Rdnr. 23) bzw. " einen völlig neuen aufenthaltsrechtlichen Status" (Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, § 81 Rdnr. 38 sowie Pfaff, ZAR 2007, 415) geschaffen hat, würde dies keine Veränderung der assoziationsrechtlichen Rechtslage bewirkt haben. Denn nach wie vor gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 81 Abs. 4 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel (lediglich) "bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend". Dies schließt es - wie ausgeführt - aus, hierin ein unbestrittenes Aufenthaltsrecht zu sehen. Mit der neuen Regelung in § 81 Abs. 4 AufenthG wollte der Gesetzgeber nicht bewirken, dass während der behördlichen Prüfung eines Verlängerungsantrags noch weitere Stufen einer Aufenthaltsverfestigung entstehen. Vielmehr sollte sichergestellt werden, dass auch die mit dem Aufenthaltstitel verbundene Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bis zur Bescheidung des Antrags fortgilt (siehe BT-Drs. 15/420, S. 96), es sollte also der Eintritt von Nachteilen für den Ausländer im Zeitraum der behördlichen Prüfung vermieden werden.
Die Entscheidungen über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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